Im letzten Jahr hat es in allen großen Städten der Ukraine sichtbare Anzeichen einer Belebung auf dem Wohnungsmarkt gegeben. Dies ist besonders erkennbar in der Hauptstadt Kiew, wo man bereits von einem Wohnungsboom sprechen kann. Ausländische Käufer bevorzugen bestehende Wohnungen in den Innenstädten. In Kiew finden beispielsweise die Jugendstil-Gebäude des frühen 19. Jahrhunderts das Interesse von Käufern auch aus Deutschland. Die niedrigen Preise und die guten Mietrenditen (bis zu 15 %) erklären den Investitionsfluss, der nach den Jahren der Stagnation wieder deutlich verbessert ist.

Angesichts des angespannten Wohnungsmarktes in Deutschland stellt der Erwerb einer oder mehrerer Wohnungen in der Ukraine durchaus eine Alternative für einen Investor dar, der sich genau informiert. Ganz ohne privaten und geschäftlichen Bezug zur Ukraine ist eine Investition mit besonderer Vorsicht anzugehen, denn es gibt – wie überall – auch in der Ukraine einige Besonderheiten beim Immobilienerwerb zu beachten.

1) Prüfung der Immobilie vor dem Kauf

Es ist empfehlenswert, den Erwerb der Immobilie sorgfältig vorzubereiten und unabhängig zu überprüfen. Eine rechtliche Prüfung (Due Diligence) untersucht genau, ob der Verkäufer ordnungsgemäß eingetragener Eigentümer der Immobilie ist und an der Wohnung auch keine Ansprüche, Pfandrechte oder Belastungen Dritter bestehen. Daneben ist es wichtig, dass der Käufer sicher ist, dass zum Zeitpunkt des Kaufs keine minderjährigen oder anderen schutzbedürftigen Personen in der Wohnung wohnen. Zwar werden die wichtigsten Informationen über das eingetragene Eigentum und einige Belastungen im elektronischen, öffentlich zugänglichen Register angezeigt und vom Notar geprüft, zusätzliche Daten, deren Kenntnis die Rechtssicherheit erhöhen, müssen jedoch von mehreren anderen Quellen eingeholt werden, beispielsweise Schuldnerregistern, Verzeichnis der öffentlichen Lasten, Register des registrierten Wohnsitzes und das Verzeichnis der denkmalgeschützten Gebäude. Bei denkmalgeschützten Wohnungen sind einige Besonderheiten beim Kauf zu beachten. Der Käufer sollte sich daher nicht völlig auf die Angaben des Verkäufers und die notarielle Beurkundung durch den Notar verlassen. Schließlich sollte der Käufer auch sicherstellen, dass der technische Zustand der Wohnung, die er zu kaufen beabsichtigt, zufriedenstellend ist. Es ist ratsam, einen Ingenieur hinzuzuziehen, der die Bausubstanz der Wohnung untersucht.

2) Vorzubereitende Dokumente für den Kauf der Wohnung

Der Vertrag über den Kauf und Verkauf einer Wohnung ist von einem ukrainischen Notar notariell zu beglaubigen. Der Notar erstellt regelmäßig selbst einen Standardkaufvertrag, der ggf. durch zusätzliche Regelungen zu ergänzen ist. Der ausländische Käufer sollte diesen vorab einsehen und ggf. eine Übersetzung anfertigen lassen. Neben dem Kaufvertrag müssen ausländische natürliche Personen folgende Dokumente rechtzeitig vor dem Notartermin vorbereiten:

Der Pass und eine Passkopie müssen mit beglaubigter Übersetzung ins Ukrainische vorgelegt werden.
Daneben muss der Käufer eine ukrainische Steueridentifikationsnummer besitzen. Diese wird bei den Steuerbehörden beantragt. Das Verfahren dauert bis zu einer Woche und kann von einem Vertreter des Käufers mit entsprechender Vollmacht durchgeführt werden.
Schließlich erfordert der Kauf der Wohnung nach ukrainischem Recht die Zustimmung des Ehegatten und daher ggf. die Vorlage einer übersetzen Heiratsurkunde mit Apostille. Dies wird auch dann gefordert, wenn für den Ehestand des Käufers kein ukrainisches Recht gilt.
Ausländische Gesellschaften als Käufer müssen eine ganze Anzahl von Gesellschaftsdokumenten (Handelsregisterauszug, Satzung etc.) und eine Vollmacht in bestimmter Form (für Deutschland Apostille) vorlegen.

3) Kaufpreiszahlung mit Treuhandvereinbarung

Die Zahlung des Kaufpreises kann in ausländischer Währung (z. B. in Euro) von dem Konto des Käufers bei seiner Bank im Ausland auf das Konto des Verkäufers in der Ukraine direkt erfolgen. Der Käufer kann aber auch in ukrainischer Währung zahlen. Zu diesem Zweck muss ein spezielles Anlagekonto bei einer ukrainischen Bank eröffnet werden. Mit Unterzeichnung des Kaufvertrags beginnt der Notar normalerweise sofort mit der Eigentumsübertragung in dem öffentlichen Register. Die Gesamtzeit für die Unterzeichnung des Vertrags und die Eintragung des Eigentumsrechts des Käufers in das elektronische Register für den öffentlichen Titel (was bedeutet, dass der Käufer Eigentümer geworden ist) dauert nur einige Stunden.

Das in Deutschland geltende Abstraktionsprinzip und die Vormerkung sind dem ukrainischen Recht nicht bekannt. Es gibt keine Möglichkeit, nach dem Kaufpreisabschluss erst eine Eigentumsvormerkung ins Register eintragen zu lassen und dann den Kaufpreis zu zahlen. Es ist daher wichtig, dass sich die Parteien hinsichtlich Eigentumsübergang und Kaufpreiszahlung anders absichern. Barzahlungen in ausländischer Währung sind nach dem ukrainischen Recht verboten. Das Szenario, dass der Notar den Raum nach Unterzeichnung des Kaufvertrags verlässt, die Parteien dann den Kaufpreis in Bar austauschen, bevor die Registrierung der Eigentumsübertragung vom Notar vorgenommen will, ist nicht erlaubt und Käufer aus dem Ausland sollten dies unbedingt vermeiden.

Für die Sicherung der wechselseitigen Pflichten aus dem Wohnungskaufvertrag können die Parteien dort vereinbaren, dass die Eintragung des Käufers ins Register dann erfolgen soll, nachdem der Kaufpreis auf dem Konto einer Bank eingegangen ist. Neben dem Kaufvertrag muss hierfür auch eine Treuhandvereinbarung mit einer Bank als Treuhänder getroffen werden. Diese Möglichkeit wurde kürzlich in das ukrainische Recht aufgenommen und ist weit verbreitet.

4) Kosten für den Kauf der Eigentumswohnung

Die Kosten des Käufers für den Kauf einer Wohnimmobilie bewegen sich in der Regel zwischen 2 % und 7 % des Kaufpreises. 1 % des Kaufpreises muss an die sog. Pensionskasse gezahlt werden. Der Käufer muss auch eine geringe (ca. EUR 60) Registrierungsgebühr bezahlen. Nach der üblichen Marktpraxis in der Ukraine werden allerdings die Notargebühren (1 % des Kaufpreises) nicht wie in Deutschland vom Käufer, sondern vom Verkäufer getragen. Für den Fall, dass der Käufer einen Makler beauftragt, können die vom Käufer zu zahlenden Gebühren zwischen 2 % und 5 % des Kaufpreises betragen. Durch rechtliche und technische Due Diligence-Untersuchungen einer Wohnung und die Treuhandvereinbarung mit der Bank entstehen weitere Kosten.

5) Unterhalt und laufende Kosten der Wohnung

Jeder Eigentümer muss die Kosten für den Heiz-, Strom-, Wasser- und Gasverbrauch seiner Wohnung an die Versorgungsunternehmen zahlen. Die durchschnittliche Zahlung, die ein 4-Personen-Haushalt für eine Zwei- bis Dreizimmerwohnung zahlt, liegt bei ca. EUR 200 mtl. im Winter und EUR 75 mtl. im Sommer. Natürlich hängen die Beträge vom tatsächlichen Verbrauch und dem technischen Zustand jeder Wohnung ab. Daneben kann es eine Wartungsgebühr (in Höhe von EUR 30 bis 40) für die Pflege der Gemeinschaftsbereiche im Haus geben. Viele Wohnungseigentümer beauftragen eine Sicherheitsfirma zum Schutz der Wohnung. Es gibt sowohl private als auch öffentliche Sicherheitsdienste, die ein effektives Schutzsystem installieren, um die Wohnung bei Abwesenheit des Besitzers zu schützen.

Wohnungseigentum wird in der Ukraine mit einer Grundsteuer belegt. Diese Steuer beträgt für jeden Quadratmeter über 60 qm Wohnfläche derzeit ca. EUR 1 im Jahr. Bei Vermietung der Wohnung sind die Besonderheiten des ukrainischen Mietrechts zu beachten, grundsätzlich sind kurzfristige Mietverträge besser für den Vermieter. Die Steuerbelastung von 18 % lässt sich ggf. durch gewerbliche Anmeldung reduzieren.

Zusammengefasst ist der Erwerb einer Wohnung in der Ukraine keine sehr risikobehaftete Transaktion. Es sollte aber auch nicht auf übliche Absicherungen verzichtet werden.

Diesen Artikel habe ich zusammen mit dem ukrainischen Immobilienrechtsexperten Vladyslav Kysil geschrieben. Gerne unterstützen wir Sie bei Ihrem Erwerb einer Wohnung und geben ein Festpreisangebot ab.