Navigator2Law konnte vor dem Finanzgericht München erreichen, dass die Zinsfestlegung zur Berechnung eines geldwerten Vorteils von 5,5% auf 2,53% herabgesetzt wurde.

Sachverhalt

Der Käufer erwarb eine Wohnung in München. Nach dem notariellen Kaufvertrag sollte die Übergabe der Wohnung vom Verkäufer an den Käufer erst in 6 Monaten erfolgen, da der Verkäufer nicht sofort aus der Wohnung ausziehen wollte. Der Kaufpreis war - bis auf einen geringen Zurückbehalt zur Sicherung der späteren Übergabe - unmittelbar nach Eintragung der Vormerkung zur Zahlung fällig. Das Finanzamt hatte im Rahmen der Festlegung der Grunderwerbssteuer die Höhe des Kaufpreises festzulegen.

Bisherige Beurteilung des Finanzamts

Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs gewährt der Käufer dem Verkäufer ein zusätzliches Entgelt gemäß § 8 Abs. 1 Grunderwerbssteuer, wenn er sich einer Vorleistungspflicht unterwirft. Der Käufer verzichtet auf das nach §§ 320, 322 BGB vorgesehene Recht, den Kaufpreis erst im Zuge der Erfüllung der Sachleistungsverpflichtung (Übergabe von Nutzen und Lasten) zu erbringen. Dies stellte einen geldwerten Vorteil in Gestalt der vorzeitigen Kapitalnutzungsmöglichkeit dar.
Die Bewertung der Kapitalnutzungsmöglichkeit erfolgt nach den Vorschriften des Bewertungsgesetzes (§§ 12, 15 BewG). Das Finanzamt nimmt für den Jahreswert der Nutzung dann gemäß § 15 Abs. 1 BewG 5,5 % an, da kein anderer Wert feststehe. Auf den aktuellen Marktzins kommt es nach Ansicht des Finanzamtes nicht da, da der Gesetzgeber nicht auf die aktuelle Zinssituation am Kapitalmarkt abstelle. Ein anderer gemeiner Wert stehe nicht fest.
Deshalb wird die Kaufpreiszahlung nach Eintragung bis zur Übergabe mit 5,5 % p.a. verzinst und dem Kaufpreis zur Wertbemessung der Grunderwerbssteuer hinzugerechnet.

Entscheidung des Finanzgerichts München vom 24.02.2016

Das Finanzgericht München hat im Verfahren mit dem Aktenzeichen 4 K 1804/15 mit Urteil vom 24.02.2016 entschieden, dass ein anderer Wert im Sinne des § 15 Abs. 1 HS 2 BewG für den Nutzungsvorteil feststehe. Nach Ansicht des Gerichts ergibt sich streitgegenständlich ein feststehender Wert von 2,53 % aus der von der Deutschen Bundesbank veröffentlichen Zinsstatistik über die „Effektivzinssätze für dass Neugeschäft der deutschen Banken (monetäre Finanzinstitute –MFIs-) für besicherte Wohnungsbaukredite an private Haushalte, variabel oder anfängliche Zinsbindung bis 1 Jahr“ (Zeitreihe BBK01.SUD158).

Anmerkung Navigator2Law

Es ist zu begrüßen, dass das Finanzgericht angesichts der langjährig im Kapitalmarkt herrschenden Niedrigzinsen den starren Zinssatz von 5,5 % des § 15 Abs. 1 BewG nicht anwendet, sondern die ausdrücklich im Gesetz vorgesehene Möglichkeit aufnimmt und eine andere Wertstellung heranzieht. Ein Zinssatz kann nicht als Maßstab für die Bewertung eines geldwerten Vorteils herangezogen werden, wenn er nachweislich über den Marktzinssatz liegt. Der Zinssatz der Zinsstatistik der Deutschen Bundesbank lag hier über 50% unter dem starren Zinssatz von 5,5 %, was eine klare Anpassung an den Marktzins ist. Es bliebt abzuwarten, ob der starre Zinssatz des BewG langfristig durch den flexibleren Maßstab ersetzt wird.